Mit großer Trauer und Bestürzung haben wir vom Tod unseres Lehrers Hanshi Fritz Nöpel erfahren. Wir nehmen Abschied von der prägendsten Persönlichkeit im GOJU-Ryu Karate-Do in Deutschland. Er verstarb am 19. November 2020. Fritz Nöpel wurde 85 Jahre alt.
„Er war Karatevorbild und unser Freund“, würdigt GKD-Präsident Hartmut Sauer den Verstorbenen. „In den 42 Jahren unserer Zusammenarbeit habe ich ihn nie ein böses Wort über andere sagen hören. Er verstand es, auf die Menschen zuzugehen und durch seine ruhige, fachlich fundierte und menschliche Art alle mitzunehmen.“
Fritz Nöpel wurde am 03. November 1935 in Breslau geboren. Nach einer Bergmanns-Lehre in Dortmund zog es ihn zum Studium der Bergbautechnik nach Schweden. Gemeinsam mit einem Freund machte er sich 1954 mit dem Fahrrad auf den Weg, mit dem Ziel, die Olympischen Spielen nach Australien zu sehen. Seine Tour führte ihn dabei in 26 Länder und zahlreiche Abenteuer. In Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas, kam er 1956 das erste Mal mit der Kampfkunst in Kontakt. Ein Jahr später entschied sich Nöpel dann, für längere Zeit in Japan zu bleiben. Das primäre Ziel Australien war abgelöst.
Bis 1967 lernte Fritz Nöpel die Kampfkunst GOJU-Ryu Karate-Do bei Meister Tomuharu Kisaki. Mit dem Großmeister aus dem Yuishinkan-Dojo in Osaka verband ihn eine tiefe Freundschaft. Meister Kisakis Offenheit prägte Fritz Nöpel und ermöglichte ihm, den Blick auch in die alten chinesischen Kampfkünste zu wagen. In ihnen erkannte er die Wurzeln des Karate-Do. Fritz Nöpel heiratete in Japan seine Frau Eiko und kehrte mit ihr und der ältesten Tochter 1967 nach Dortmund zurück.
Hier gründete er das erste GOJU-Ryu Dojo Nordrhein-Westfalens und begann, die Kampfkunst in Deutschland und später auch international zu etablieren und zu verbreiten. Die Freundschaft zu Meister Kisaki (9. Dan) blieb bis zu dessen Tod im Jahr 1996 erhalten. Regelmäßig hieß er ihn in Kamen willkommen und hielt gemeinsam mit ihm große Lehrgänge ab. Ebenso regelmäßig reiste Nöpel mit interessierten Karateka ins Honbu-Dojo nach Japan.
Fritz Nöpel war überzeugt, dass die Kampfkunst Karate nur gemeinschaftlich mit den verschiedenen Karate-Organisationen und -Strömungen verbreitet werden kann. Seine integrierende Persönlichkeit machte es anderen Menschen leicht, den Weg mit ihm zu gehen. „Schon bei unserem ersten Treffen vor 42 Jahren hat er mich so beeindruckt, das ich das Amt als sein Vizepräsident schon nach einer halben Stunde Überzeugungsleistung von Fritz annahm“, erinnert sich Hartmut Sauer an die Gründungsphase des GOJU-Ryu Karate-Bundes Deutschland GKD 1972. Hier brachte er die unterschiedlichen GOJU-Ryu Strömungen, die in Deutschland bis dato separat agierten, zusammen. 24 Jahre lang war er Präsident des GKD.
Bei der Gründung des Deutschen Karate Verbandes DKV in den 1980er Jahren war er integrierende Kraft. Gemeinsam mit den belgischen und niederländischen Karate-Meistern Harms und de Spa gründete er 1986 die European GOJU-Ryu Karate-Federation EGKF. Für 15 Jahre war er ihr Präsident. Der EKGF gehören inzwischen 32 Nationen an, der internationale Austausch dort ist bereichernd und wichtig für uns. Involviert war Fritz Nöpel zudem in die Gründung der World GOJU-Ryu Karate Federation WGKF.
Die Kampfkunst Karate-Do hatte für Nöpel viele Facetten. Die Selbstverteidigung, die Bunkai, das Dojokun und die Entfaltung der Persönlichkeit gehörten dabei für ihn in den Vordergrund. Dass die Karate-Verbände den sportlichen Wettkampf oft in den Vordergrund stellen, war für Nöpel kein Widerspruch zu seinem eigenen Wirken in der Kampfkunst: Im werte-orientierten sportlichen Wettkampf sah er stets die Möglichkeit, die Kampfkunst bekannt zu machen und mit einem positiven Image in die Öffentlichkeit zu tragen.
Bis zu seinem Tod war Fritz Nöpel Ehrenpräsident im GKD und in der EGKF. Über Jahrzehnte wirkte er als Bundesprüferreferent GOJU-Ryu im DKV, war lange Zeit Stilrichtungsreferent im nordrhein-westfälischen Karate-Verband KDNW.
Mit der Etablierung des „Karate der Erfahrenen“, der Jukuren, erreichte er unzählige Karateka, die auch aus den anderen Stilrichtungen zu seinen Lehrgängen kamen und von seinem großen Wissen und seiner unvergleichlich motivierenden Persönlichkeit profitierten. Bis vor wenigen Monaten stand Hanshi Fritz Nöpel fast an jedem Wochenende in einer Sporthalle und gab sein Wissen weiter. Kaum eine GOJU-Ryu Dan-Prüfung fand ohne seinen Vorsitz statt. Im Stiloffenen Karate gehörte er der höchsten Prüfungskommission an.
Die Karate-Organisationen würdigten sein über 60-jähriges Schaffen und Wirken. Aus Japan wurde ihm der höchste Titel Hanshi verliehen. Die EGKF verlieh ihm den 10. Dan. DKV und GKD überreichten ihm ihre höchsten Ehrennadeln.
Wolfgang Weigert, Präsident des DKV, zeigte sich zutiefst betroffen über die Nachricht vom Tode Fritz Nöpels. Er würdigte ihn als "große Persönlichkeit", der ein Vorbild aller Karateka gewesen sei – "als Meister und Mensch". Und weiter: "Fritz Nöpels Tod ist ein sehr schmerzhafter Verlust - nicht nur für den Verband. In diesen Stunden der Trauer gelten unsere Gedanken und unser Mitgefühl seiner Familie, seinen Freunden, Bekannten und seinen Weggefährten. Der DKV wird Fritz Nöpel ein ehrendes Gedenken bewahren."
Der GKD trauert gemeinsam mit seiner Familie um Fritz Nöpel und verneigt sich vor seinem lebenslangen Wirken. Nun liegt es an uns allen, an den Karateka in den Dojos, an den Trainern und Lehrern und vor allem an den Funktionären, sein Karate-Vermächtnis in Ehren zu halten und in seinem Sinne fortzuführen.
Das Präsidium des GKD
Auch der GKVBW hat einen Nachruf veröffentlicht, auf den wir gern hinweisen: https://karate-gkvbw.de/karate/allgemein/52-fritz-noepel
Zum Honbu Dojo des Yuishinkan GOJU-Ryu Karate-Do in Deutschland: https://www.yuishinkan.com